Anglerlatein

Back to the roots - Holland auf die simple Tour

21:22:00Abgemetert

Angelzeitungen mögen sowas ja nicht, aber ich erzähle euch trotzdem mal eine etwas andere Geschichte ohne Sponsoring und ganz ohne den Druck ein bestimmtes Produkt vermarkten zu müssen:

Meterzander, Hechtmuttis, die jedes Maßband sprengen und Barsche, die fußballgroße Bäuche haben. Klar, genau diese Fische will jeder von uns fangen. Wenn ich ehrlich bin, würde ich bei dem Fang eines solchen Riesen vor lauter Freude Luftsprünge machen.

Mit einer technischen Ausstattung, die fast an eine Raumfahrt erinnert und feinstem, abgestimmtem High End Gerät, ziehen viele Profis ab Richtung Fisch. Im Anschluss lesen und sehen wir doch alle immer wieder wie ein Riese nach dem nächsten in das Boot gehievt wird. Zugegebenermaßen sind eine Menge Fachwissen, Gewässerkenntnis und Jagdgespür notwendig, um derlei Fänge regelmäßig abzuliefern. Ganz sicher sind die gezeigten Fotos auch nur die berühmte Spitze des Eisberges und es war ein beschwerlicher Weg zu dem Traumfisch.
Was ist aber mit dem Otto Normal Verbraucher? Dir? Mir? Menschen die Angeln gehen, um vom Alltag abzuschalten, die eine frische Priese Meer -oder Seeluft schnuppern und gerne einfach mal so einen Fisch fangen wollen? Ohne professionell ausgestattetes Angelboot. Ohne Guide. Geht das überhaupt noch? Ja:
Technik ade´

Schon lange hat genau dieser Gedanke meinen Freund Patrick und mich beschäftigt. Der Zufall spielte uns letztendlich dieses Frühjahr in die Karten: Unsere Freundinnen planten einen gemeinsamen Urlaub. Patrick hat noch einen kleinen Sohn und somit musste etwas familiäres her. Schnell war das Ziel klar: Holland! Ab in das Land der Meterzander, Dickbarsche und Hechtmuttis. Um genau zu sein, ging es an die Maasplaasen bei Roermond. In Roermond befindet sich eines der größten Outletzentren von Europa und die schicke, gemütliche Innenstadt lädt zum entspannten Stadtbummel ein. Für die Frauen war also gesorgt, somit konnten wir uns entspannt auf den angelspezifischen Bereich der Reise konzentrieren. Schnell war uns eines klar: Wir machen es "back to the roots". Auf die gute alte Tour. Ohne technische Hilfsmittel wollten wir selbst für uns das Gewässer erkunden und das alles mit einer 6 PS Nussschale, die eigentlich Wochenendurlauber über die Maasseen schippert.
In das Auto haben wir Spinnruten mit kleinen bis mittleren Wurfgewichten eingeladen. Viele Gummifische, Wobbler, natürlich Spinner und Jigköpfe in verschiedenen Gewichten waren zudem mit im Gepäck. Sonst war es das. Keine elektrische Sonderausstattung sollte unser Unterfangen unterstützen:
Aller Anfang ist schwer
 
Bei der ersten Gelegenheit starteten wir durch und fuhren auf unseren Haussee, den Zuidplaas.
 
Das Wasser war spiegelglatt, die Sonne zeigte sich von ihrer besten Seite und unser schwacher Motor blubberte fröhlich vor sich dahin. Die Maasplaasen sind allesamt Baggerseen, die mit der Maas (einem größeren Fluss) verbunden sind. Auf gut deutsch: Tiefe Löcher, deren Strukturen wirklich gesucht werden müssen.  Krautfelder  und Flachwasserbereiche sind selten und meist nur am Gewässerrand zu finden. Uns stand ein gutes Stück Arbeit bevor. Dementsprechend haben wir uns in den vier Urlaubstagen auch ausnahmslos auf den Zuidplaas konzentriert.
Im Kraut hatten wir schnell den ersten Fischkontakt. Die Barsche waren munter am Jagen und wir konnten diese Chance nutzen.
Wir haben uns über den zeitigen Erfolg sehr gefreut. Danach stand aber Arbeiten auf dem Programm. Mit schweren Bleiköpfen (18-28 Gramm) mussten wir den Gewässergrund erkunden und wollten die Kanten finden. Also war werfen, werfen und nochmals werfen angesagt. 
Es war zeitweise wirklich mühsam. Jede Kante mussten wir uns hart erarbeiten, aber es  hat Spaß gemacht und zwar so richtig. Waren prägnante Kanten in die Tiefen des Zuidplas gefunden, krachte es immer wieder und wir konnten schon am zweiten Tag die ersten tollen Bisse verbuchen und Fische zum kurzen Fotoshooting bitten.  
Mir war es an diesem Tag sogar vergönnt das berühmte Raubfisch-Tripple abzugreifen. Zwei Hechte, zwei Zander und ein feister Barsch brachten allesamt meine Rute zum Explodieren, lieferten mir schöne Drills und machten meinen kleinen Anglertraum wahr: "Hecht, Barsch und Zander...euch fange ich heute alle miteinander":
Geräte -und Köderkiste
 
Mit einer 5-25 Gramm Rute und zehn Gramm Bleiköpfen (das Gewässer war an diesem Tag sehr ruhig und spiegelglatt) konnte ich die von uns gefunden Kanten prima hoch und runter abangeln. Hierbei war Faulenzen der Weg zum Erfolg: Köder ausschmeißen, bis zum Grund absinken lassen. Im Anschluss mit zwei bis vier schnellen Rollenumdrehungen anheben und danach wieder bis zum Grund sinken lassen:
Am anderen Ende der Leine haben sich ausnahmslos Köder in natürlichen Dekors bewährt. Die absoluten Gewinner des gesamten Urlaubs waren übrigens zwei Gummifische:  Zum Ersten der allseits bekannte Walleye Assasin von Bass Assassin .  Den 4 Inch langen Köder in der Farbe "Panhandle Moon"  hatten Barsch, Hecht und Zander gleichermaßen zum Fressen gern.  Der zweite Gewinner war ganz klar der Easy Shiner in 4 Inch-Länge und der Farbe "Green Pumpkin Fire". Beide Köder erhaltet ihr in einer sehr großen Farbpalette bei Camo Tackle und selbstverständlich  im ausgewählten Fachhandel:
Es gab aber auch zwei Tage, an denen wir mit Wind, Regen und schnellen Driften zu kämpfen hatten.  Da waren dann 18 Gramm Jigköpfe das Minimum und 28 Gramm die noch bessere Wahl.  

Touristenkutter aufgemotzt

An solchen Tagen haben wir Angler mit dem Driften ein Problem. Viel zu schnell ist man über die heißen Stellen hinweg. Normalerweise hilft ein Elektromotor bei solchen Problemen prima aus.  Wir hatten aber wie bereits erwähnt keinen. Und soll ich was sagen? Es ging auch ohne. Kauft euch einfach eine Ikea Tüte und bindet ein langes Seil an die Träger der Tüte.  Schon ist die simpelste Möglichkeit langsamer zu driften fertig, einsatzbereit und erfolgreich:
Ende gut, alles gut

Mit dieser, für die heutige Zeit doch recht simplen  Ausstattung, fingen wir beständig unsere Fische. Richtige Riesen waren nicht dabei. Man kann sich aber wirklich nicht vorstellen, wie wir uns über jeden Fisch gefreut haben. Dieser Spaß, der im Drill und bei der geglückten Landung in unseren Gesichtern abgezeichnet war, lässt uns ganz bestimmt noch in Jahren an den wirklich schönen Urlaub denken.  Echte Handarbeit macht Spaß, kostet viel Fleiß, aber wenn dann der Erfolg eintritt, ist es das Schönste und weckt Erinnerungen, die in der heutigen, hoch modernen Zeit eventuell ab und an flöten gehen. Die Natur sehen, fühlen und spüren. Der kalte Wasserstaub, der sich beim Auswurf von der Schnurr löst und die Hand leicht nass werden lässt.  Kein beständiger Blick auf das Echolot, stattdessen die Augen auf den Köder richten und beobachten wie eben dieser  ganz weit in den malerischen Sonnenuntergang fliegt. Wenn dann auch noch irgendwann ein Ruck durch die Rute schießt , ein toller Fisch an der Schnurr herumtobt und der Angelrute zeigt was eine Harke ist, ja dann ist es ganz egal, ob das ein unfassbarer Rekordriese oder ein schick gestreifter 30er Barsch ist. Ihr habt euch den Fisch hart erarbeitet und im Moment der Landung ist eines ganz sicher klar wie Kloßbrühe:  Ein unvergesslicher Moment, bei einem der schönsten Hobbys der Welt, ist gerade Wirklichkeit geworden:
 Auf Regen.. 
...folgt immer Sonnenschein:
Beim Faulenzen ist es wichtig in der Absinkphase des Köders den Finger am Rutenblank zu haben, denn genau in dieser Zeitspanne erfolgen fast immer die brettharten Bisse:
Ordnung auf dem Boot ist wichtig. Keine Köder die sich verheddern können oder Ruten, die im Weg herumliegen. Das alles bringt letztlich mehr Zeit zum Angeln und somit bessere Chancen zum Erfolg:
Hier waren wir untergebracht. Anglerfreundlich machten wir unser Boot am eigenen Steg fest und konnten morgens in aller Frühe sofort durchstarten. Mehr Infos zu der Unterkunft findet man im weltweiten Netz:
Abschließend bleibt mir nur noch eines zu sagen: Lasst euch den Spaß an der Freude nicht nehmen, egal ob mit oder ohne Technik. Genießt eure Freizeit und habt ordentlich Spaß:

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1 Kommentare

  1. Ein sehr spannender Bericht - Daumen hoch und weiter so!
    Ich bin auf den Artikel gestoßen, weil wir auch im Juni nach Roermond zum Angeln wollen. Könnt ihr uns vielleicht einen Tipp geben woher man günstig ein Boot bekommt ? Alles was wir bisher gefunden haben war jenseits von gut und böse.

    Viele Grüße

    Chris

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